
Blendende Ergebnisse im doppelten Sinne: Eine Woche nach den beiden wichtigen Siegen in der WM-Qualifikation gegen Russland und Wales kracht es in der deutschen Nationalmannschaft gewaltig.
Der Kapitän persönlich hat sich zu Wort gemeldet und Bundestrainer Joachim Löw scharf kritisiert – allerdings nicht in einem persönlichen Gespräch, sondern in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Womit Michael Ballack wie vor ihm schon Torsten Frings gegen das ungeschriebene Gesetz verstieß, dass Probleme zuerst intern geklärt werden sollten.
Ballack setzt sich für Frings ein
Im Kern der Kritik geht es um den von Löw nach der Europameisterschaft ausgerufenen Konkurrenzkampf und die aktuelle Rückstufung von Torsten Frings zum Ersatzspieler. Ballack setzt sich für seinen langjährigen Partner in der DFB-Auswahl ein – wohl auch, weil der 32-Jährige befürchtet, dass auch er selbst vor einer möglichen Demontage nicht mehr geschützt sein könnte.
Er wisse nicht, ob Löw Frings schon abgeschrieben habe, meinte Ballack und stellte klar: »Wenn man einen nicht mehr will, sollte man das ehrlich ansprechen. Respekt und Loyalität ist doch das Wenigste, was man als verdienter Nationalspieler erwarten kann.«
Ballack holte weit aus und zog Parallelen zu der Zeit vor der WM 2006, als Joachim Löw noch Assistent von Jürgen Klinsmann war: Auch im Fall Oliver Kahn sei »ein Konkurrenzkampf mit Jens Lehmann ausgegeben worden, den er in meinen Augen nie gewinnen konnte. Oder bei Christian Wörns, der im Gegensatz zu Christoph Metzelder im selben Verein spielte und nicht auf der Bank saß«.
»Ein ungutes Gefühl«
Vielleicht befinde sich Torsten Frings aktuell nicht in Top-Form, meinte Ballack, »aber er spielt immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Dieses Faktum kann niemand wegdiskutieren. Ich habe deshalb ein ungutes Gefühl, dass er diesen Konkurrenzkampf nicht gewinnen kann.«
Grundsätzlich beklagte sich der Mittelfeldspieler vom FC Chelsea London darüber, »dass gestandene Leistungsträger wie Torsten Frings, Miroslav Klose und auch ich plötzlich in Frage gestellt und öffentlich angegriffen werden«.
Auch Kuranyi in Schutz genommen
Er hoffe, dass Frings nicht zurücktreten werde, sagte Ballack und nahm sogar Kevin Kuranyi in Schutz, der sich selbst ausgebootet hatte: »Ich kann Kevins Frust gut verstehen.« Kuranyi habe über Jahre seine Torgefährlichkeit bewiesen. »Wo kommen wir denn hin, wenn das nicht mehr zählt?«
Löw unter Druck
Weniger als zwei Jahre vor der Weltmeisterschaft in Südafrika ist nun ein Machtkampf entstanden, der die sportliche Entwicklung des Nationalteams erheblich zu beeinflussen droht und den Bundestrainer schwer unter Druck setzt.
Einerseits kann es sich Joachim Löw nicht gefallen lassen, offen attackiert zu werden, andererseits ist er sportlich auf einen Kopf wie Ballack nach wie vor angewiesen.
Einerseits muss er Alternativen ausprobieren, andererseits darf er nicht alle etablierten Stars verprellen.
Einerseits will er die bei der EM teilweise erkennbare Lethargie durch interne Rivalität vertreiben, andererseits riskiert er damit die stets gepriesene und beschworene Harmonie in der Nationalmannschaft.
Unmittelbar hat Löw die Kritik von Ballack an seiner Personalpolitik bereits zurückgewiesen. »Von den Aussagen von Michael Ballack bin ich total überrascht. Dass er nun über die Medien solch kritische Töne äußert, verwundert und enttäuscht mich«, erklärte Löw. «Als Kapitän ist er ein wichtiger Ansprechpartner für mich, und daran wird sich auch nichts ändern. Aber die Aufstellung und die Personalpolitik ist in letzter Konsequenz die Entscheidung von mir und meinem Trainerteam.«
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