Wer in diesen Tagen am Bahnhof oder Flughafen unterwegs ist, stellt sich immer wieder dieselbe Frage: Wie kamen die Menschen eigentlich früher zurecht, als es noch keine Trolleys gab? Wo man hinschaut, stolpern heute eilige Trolleyschieber, Trolleyzieher und Trolleyträger durch weihnachtlich geschmückte Gassen. Die Trolleyindustrie muss sich dumm und dämlich verdienen an diesen Nordic-Walkern ohne Skistöcken, und man darf wohl davon ausgehen, dass Borussia Dortmund bald eine eigene Unterabteilung gründet, die sich der Produktion der rollenden Zeitbomben verschreibt – für den Merchandise-Katalog 2007/2008.
In guten, alten Zeiten hatte man allenfalls „noch einen Koffer in Berlin“ (Marlene Dietrich/Paris St. Germain), schaute die alberne Gameshow „Koffer Hoffer“ (mit der Doppelspitze Karl Dall & Enno von Schwerin) oder inszenierte sich als dicker Mann mit dickem Geldkoffer (XXL-Manager Reiner Calmund). Das Beste aber war: In diesen seligen Kofferjahren wählten die Nationaltrainer noch solche Spieler zu Weltfußballern, die Fußballkunst ermöglichten oder sogar weiterentwickelten und nicht nur dafür auf dem Platz standen, um jegliche Spielfreude im Keim zu ersticken. Die Wahl der allenfalls überdurchschnittlichen Defensivkraft Fabio Cannavaro ist wohl der größte Skandal des Fußballjahres (knapp vor der Elfmeterentscheidung gegen Australien im WM-Viertelfinale in Kaiserslautern). Und es lässt sich trefflich darüber spekulieren, warum Thierry Henry auch diesmal nicht für seine Verdienste ausgezeichnet wurde. Wird der große Henry genauso lange darben müssen, wie Weltschriftsteller Günter Grass jahrelang auf seinen Literatur-Nobelpreis wartete? Die nachträgliche Enthüllung einer Mitgliedschaft in der Waffen-SS, soviel scheint jedenfalls sicher, muss bei Englands Fußballer der Jahre 2003, 2004 und 2006 nicht befürchtet werden.
Während der französische Blitz „zwischen den Jahren“ vermutlich werktätig ist, hat der bekannteste Kofferträger a. D. endlich seinen Frieden gemacht. Wem außer Calli Calmund hätte der rheinische Schulterschluss auch gelingen können, gerade rechtzeitig zum Fest der Liebe? Bei Bayer Leverkusen (1. Liga) erkaufte er sich die alte Freundschaft vor Gericht, bei der spektakulären Trainerverpflichtung des 1. FC Köln (2. Liga) zog er im Hintergrund die Fäden und als Aufsichtsratsmitglied bei Fortuna Düsseldorf (3. Liga) verhinderte er das Engagement von Christian Hochstätter. Stattdessen wird wohl jetzt der legendäre Brillenträger Wolf Werner von der Weser an den Rhein eilen, während der Schwipp-Schwager von Dick Advocaat kurzerhand einen Kontrakt bei Heckings unterm Sofa unterzeichnete. Der Managervertrag des Gladbacher Urgesteins Hochstätter läuft übrigens nicht über ein, zwei oder drei Jahre, sondern bis ins ferne Jahr 2010. Wir fragen uns jetzt, ob das einfach das größtmögliche Weihnachtsgeschenk ist oder vielleicht doch der größte Skandal (knapp vor der Wahl der allenfalls überdurchschnittlichen Defensivkraft Fabio Cannavaro zum Weltfußballer).
Fröhliche Weihnachten allerseits!
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